Dienstag, 29. November 2011

HANGATYR "Helwege" Review

Band: HANGATYR
Titel: Helwege
Genre: Pagan Black Metal
Label: Nocturnal Empire
Punkte: 9 / 10

Bedrohlich böllernd, aber mit sofort zu verspürender überlegener Erhabenheit beginnt hier sogleich der erste Song, „Ahnengrab“ betitelt – teils genussvoll unterlegt von anmutigem Akustikgitarrenspiel, röhren herrlich fies sägende Riff-Kreationen in eher schleppendem Tempo. Bemerkenswert: Die in deutscher Muttersprache lyrisierte Vokalmischung aus giftig geiferndem Hassauswurf und altheroischem Klargesang von Urschrei-Kehle Silvio zieht ebenfalls schnell in ihren hypnotischen Bann. Der unbändig inbrünstige Kerl hat es wirklich verdammt gut drauf – Silvio „er-lebt“ die Musik von Hangatyr sozusagen mit jeder Zelle, mit jeder Faser von Geist und Körper. Packend. Ich kann mich schier nicht satt hören an solch’ mordsgrimmigen und immens zürnenden Tiraden, die mir direkt aus Seele zu sprechen scheinen. Apropos, dieser musikhandwerklich sehr fein gemachte Silberschild hat mehr Seele in sich als hundert gut gefüllte „Nightclubs“, „Bars“ und „Lounges“. Fest steht: Wer so „singt“, dem haben die meinungsbildenden Organe der modernen Schweinemedien noch nicht das Gehirn gegen einen Blumenkohl ausgetauscht.

Im Laufe der Spieldauer schlägt das wirklich tolle Stück dann in zügellos rasende Tempi über, präzise rhythmisiert und jederzeit mitreißend – was nicht zuletzt an der durchdacht ins Spiel gebrachten frostigen Mystikermelodik liegt. Letztere sorgt bis zum Schluss immer wieder für erfreut hochgezogene Augenbrauen. Ein guter Einstand, dem auf diesem empfehlenswerten Pagan Black Metal-Album noch so manches heidnischmusikalische Glanzlicht folgen soll, wie sich weiter herausstellt. Animierend roh und packend barsch geht es auf „Helwege“, diesem bewegenden Debüt, weiter: Auch die restlichen sieben Kompositionen künden von umfangreichem Können und literweise kochendem Herzblut für alte Werte und die Liebe zu Mutter Natur – so soll es sein.

Im vierten Stück „Trollhammar“ gibt es gar mächtig intonierte Kriegerchöre zu genießen, die ich in dieser einnehmenden Ernsthaftigkeit und gigantischen Hingabe selten aus deutschen Gefilden vernommen habe – ein Traum für Kenner! Mächtig, wie heftig der „Trollhammar“ hernieder saust – ergreifend durch die Lead-Gitarren melodisiert, donnernd getaktet und mutig vorpreschend schufen die Beteiligten mit viel Liebe eine enorm bestärkende Heidenhymne, die man nicht vergisst. Hurrah, damit stoßen Hangatyr schlagartig zur Speerspitze der Thüringer Heidenmetallszene vor!

Wichtig zu erwähnen ist mir auch noch: Durch die willkommen ungeschliffene Produktion und die hochgradig ergiebige Wahl der stets clever zueinander arrangierten Tonfolgen wirkt das gehaltvolle Klanggebräu des Thüringer Quintetts faszinierend „alt“ und teils sogar archaisierend – erdige Authentizität in Reinkultur also, die ich hier in jeder Weise absolut positiv verstanden haben möchte. Für stets aufs neue frische Gänsehaut sorgen neben Erwähntem die vielen Breaks mit all ihren jeweilig nachfolgenden Rhythmuswechseln – Schlachtentrommler Michael hat zweifelsohne mächtige Kämpfertakte im Blut, die ihm von ruhmreichen Vorfahren über Generationen vererbt wurden. Ständig interessant bleibt die Veröffentlichung eben nämlich nicht zuletzt durch die klug inszenierten Variationen der Spielgeschwindigkeiten, für welche die bestens aufeinander eingespielte Band deutlich hörbar auch sehr viel strukturellen Aufwand betreibt.

Überhaupt, ein enorm ereignisreiches Debütalbum, das einen in den intensivsten Momenten wahrlich nicht selten trifft wie der berühmte Blitz. Gegründet wurde die ostdeutsche Grollformation laut Überlieferung im Jahr 2006 – da müssen sie aber fleißig geübt haben, um solche überzeugenden Stücke hinzukriegen. Eine Riesenportion Talent braucht man für eine Scheibe wie „Helwege“ jedoch natürlich auch.

Weit entfernt vom ärgerlich oberflächlichen Nonsens, der sich mehr und mehr in der heidnischen Metal-Szene breit macht, fühlen sich also Hangatyr ideell und künstlerisch zu Hause – mit ihrer großartigen Musik erlangen sie ein kleines Stück Unsterblichkeit in einer Welt, die bald nur noch aus fett-, zucker- und spaßsüchtigen Konsumsklaven zu bestehen scheint. Doch Aktion ist gleich Reaktion, wie man aus der Physik weiß – und solange es aufrichtige Rebellenhorden wie Hangatyr gibt, ist das ganze irrsinnige Treiben der „aufgeklärten modernen Welt“ noch einigermaßen zu ertragen.
© Eckbert, 28.02.2010

Samstag, 8. Oktober 2011

NATTSMYG "Fylgja" Review











Band:NATTSMYG
Titel:Fylgja
Genre:Mystic Folk Metal
Label:Unexploded
Punkte:9 / 10
 
Wunderbar stimmungsvolle und anregend verträumte Ästheten-Kompositionen naturspirituell-charismatischer Anmut zeichnen dieses absolut empfehlenswerte Mystic Folk Metal-Werk aus. Im Jahr 2005 in Schweden gegründet, legen Nattsmyg in Form von „Fylgja“ ihren dritten Langspieler vor. 2007 erschienen bereits die zwei Alben „När Solen Slocknar“ und „Född Att Härska“, welche das betont schöngeistige Schaffen des talentierten Haupt-Initiatoren und Multiinstrumentalisten Dan Heikenberg aufgrund kleiner Verbreitung leider noch nicht sehr populär machen konnten. Die signifikante Spezialität dieses Schweden ist es auf „Fylgja“, überragende emotionale Ebenen in seinen oftmals einnehmend epischen Wonne-Liedern zu transformieren. Besungen werden die zehn mächtig sehnsüchtig anmutenden Kompositionen von Heikenberg in überwiegender Biest-Manier und vereinzelten Klargesängen. Die Stücke werden jedoch auch zusätzlich sehr gekonnt und ausdrucksstark veredelt von Vokalistin Linn Carlshaf, die mit ihrer unschuldig und blütenrein klingenden Elfenstimme für so manche anhaltende Ergriffenheit sorgen kann.

Der nicht zu harte Folk Metal von Nattsmyg erfährt durch additionale mannigfaltig-opulente Tastenbegleitungen eine prächtige Vielfalt an höchst malerischen Melodie-Aufwertungen. Und besagtes Keyboard-Spiel perlt hierbei nicht nur einfach als pflichtschuldig ausschmückendes Beiwerk vorbei, sondern diese unheimlich faszinierenden Synthesizer-Wohlklänge werden als vollwertiges und tragendes Instrumentarium eingesetzt. Letzteres ermöglicht der famosen Musik beinahe ständig eine gar berauschend schwärmerische Gesamtatmosphäre. Tief betörende besinnliche Passagen wissen das angenehm positive Gesamtbild dieser überraschend liebevoll komponierten Schwelgerei-Platte enorm abzurunden. Die hinsichtlich der Anregung zu stark naturverbundenen Hingabe-Phantasien maximierten zehn Songs der Scheibe sind zuweilen von herrlich gespenstischer Atmosphären-Anmut und alles verschlingender, genussvoll sinnlicher Intensität.

Die Extremität der Kontraste wird auf „Fylgja“ glücklicherweise aber eben nicht auf Biegen und Brechen mit Gewalt ausgelotet, sondern eher immens durchdacht und sehr zweckdienlich genutzt, was der merklich ausgewogenen Veröffentlichung eine durch und durch wohltuende Harmonie entströmen lässt. Für anspruchsvolle Hörer, die es in diesem musikalischen Bereich gerne so mystisch und gefühlvoll als möglich mögen, stellt „Fylgja“ eindeutig eine absolute Vollbedienung dar.

© Eckbert, 05.09.2011

Mittwoch, 5. Oktober 2011

NOTHGARD "Warhorns Of Midgard" Review


Band: NOTHGARD
Titel: Warhorns Of Midgard
Genre: Epic Viking Metal
Label: Black Bards
Punkte: 9 / 10

Wie aus dem Nichts platzen diese musikalisch verdammt fitten bajuwarischen Viking Metal-Melodiker in die Genre-Szenerie, und ihr enorm sprunghaftes und agiles Songmaterial weist die willkommene Newcomer-Band schon gleich als echte Könner aus. Dabei hantiert der spritzige Haufen vom Bayerischen Wald auch gekonnt mit imposant inszenierten Pagan Metal-Ingredienzien. Eindeutig: Bei Nothgard kommt zusammen, was zusammengehört! Ihren gleichfalls epischen als auch dramaturgisch mordsdichten Edel-Mix aus den beliebten Stilistikmerkmalen der skandinavischen Erfolgsbands Ensiferum (Riff-, Melodie- und Songstrukturen) und Moonsorrow (Bombast, Ambiente und Epiken) garniert die junge Heidentruppe mit haufenweise eigenständig aufgepflanzten Nuancen. Ideenreichtum ist hier also beileibe keine Mangelware. So strotzen die teils atemberaubend variantenreichen Glanznummern auf dem ansteckend temperamentvollen Debütalbum „Warhorns Of Midgard“ auch geradezu vor spieltechnischem Feuer, überschäumenden Vokalisierungen und quirligen Rhythmuskanonaden. Beileibe tippt man bei Nothgard also nicht auf den ersten Hörer auf einheimische Genre-Repräsentanten, denn die Rotte klingt alles andere als leidenschaftslos und gehemmt.

© Eckbert, 23.03.2011